Danke für nichts (ZEIT ONLINE, Juni 2020)

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Essay

Die Jungen erben die Klimakrise und die Corona-Schulden. Und sollen jetzt auch noch zurückstecken. Hier wird eine ganze Generation um ihre Zukunft betrogen?

Neulich teilte eine Freundin in ihrer Instagram-Story einen Cartoon. Auf der linken Seite sagt ein Mädchen: Ich will Astronautin werden. Rechts sagt das Mädchen als junge Frau: Mittlerweile will ich eigentlich nur noch mental gesund bleiben. Ich fand das so lustig, dass ich kurz Luft durch die Nase ausstieß. Das Höchste der Gefühle, wenn man allein im Bett einer Wohnung liegt, deren Mondpreis das einzig Astronomische im Leben ist. Nach den Sternen greifen, das war einmal. Und die Corona-Krise holt einen endgültig auf den Erdboden zurück.

Ich werde dieses Jahr 30 Jahre alt. Ich lebe in einer Einzimmerwohnung in München, der teuersten Stadt Deutschlands. Mein wertvollster Besitz ist mein Laptop. Ich arbeite als selbstständiger Journalist, das heißt, ich werde nur für Artikel bezahlt, die ich schreibe. Wenn ich nicht schreibe, verdiene ich nichts. Mit der Altersvorsorge fange ich nächstes Jahr an. Wirklich. Menschen wie mich gibt es hunderttausendfach in Deutschland: gut ausgebildet, an Hochschulen und in Betrieben, jung, prekär beschäftigt. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes arbeitet jeder dritte unter 30-Jährige in Deutschland mit einem befristeten Arbeitsvertrag.

Menschen meiner Generation leben, seit sie erwachsen sind, in einer Art Dauerkrise. Finanzkrise, Eurokrise, Flüchtlingskrise, Klimakrise. Im Frühjahr kam die Corona-Krise hinzu. Diese Krise ist anders. Tiefgreifender. Plötzlich wird eine ganze Gesellschaft pausiert, plötzlich gibt es keine heilige schwarze Null mehr. Vergangene Woche beschloss der Staat ein 130-Milliarden-Euro-Konjunkturpaket. Es gilt nicht mehr, dass Politik eben die Kunst des Möglichen sei, die aus mühsam erfochtenen Kompromissen besteht. Plötzlich wird einfach gemacht, was nötig ist.

130 Milliarden Euro. Gerecht geteilt durch alle 83 Millionen Deutschen ergäbe das pro Person gut 1.570 Euro. Nicht schlecht. Im Eckpunktepapier steht gleich auf Seite eins, man wolle „junge Menschen“ unterstützen. Noch besser!

Dann suchen wir mal: „Prekär beschäftigt“: 0 Treffer. „Selbstständig“: 0 Treffer. „Berufsanfänger“: 0 Treffer. Auszubildende: ein Treffer! Sie bekommen eine Prämie von 2.000 Euro nach Beendigung der Probezeit – wenn sie denn in der Krise überhaupt einen Ausbildungsplatz finden. „Studenten“, von denen immerhin gut 40 Prozent wegen der Krise ihren Aushilfsjob verloren haben: 0 Treffer. Erst jetzt hat die Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) sich zu der Ankündigung durchgerungen, Studierende in Notlage könnten ab Dienstag Corona-Zuschüsse des Bundes beantragen, bis zu 500 Euro im Monat, die nicht zurückgezahlt werden müssen.

Im Konjunkturpaket stehen Milliardenhilfen für die Autoindustrie und Geld für die Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs, denen jetzt Fahrkarteneinnahmen wegbrechen. Außerdem: eine Prämie für energetische Haussanierungen – das ist ökologisch gut. Aber persönlich eben nur, wenn man ein Haus hat.

Wie blanke Häme kommt einem Punkt 14 des Papiers vor: „Der vereinfachte Zugang in die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) wird über die bisherige Geltungsdauer hinaus bis zum 30. September 2020 verlängert.“ Immerhin: Wir retten niemanden, der es wirklich nötig hat. Aber Hartz IV zu bekommen, wird easy.

Dazu kommt die Meldung, der Staat wolle bei der Lufthansa einsteigen, um den Konzern zu retten. Ich verstehe, blau-gelbe Boeings sind deutsche Kulturgüter. Wie VW, Wackeldackel oder Helmut Kohls Erbe als großer Europäer – alles dringend schützenswert. Und ich weiß, wie viele Existenzen an dieser Branche hängen.

Aber da ist dieses bohrende Gefühl: Was ist mit mir?

Das Konjunkturpaket ist nicht die einzige Rettungsmaßnahme. Es gibt die Kurzarbeit, ein gutes Instrument, um kurzfristig die Arbeitsplätze von Angestellten zu schützen. Gut, dachte ich, schützt erst mal die vielen gut dotierten Verträge der Alten und die paar wenigen (schlecht dotierten) der Jungen. Der Rest kommt dann. Ich habe verinnerlicht, mich für den „Rest“ zu halten, der artig warten muss, bis er bedacht wird.

Es gab die „Corona-Soforthilfe“ von Bund und Ländern. Ein paar tausend Euro, die einen ruhiger schlafen ließen, eine unbürokratische Stütze des Staates für Solo-Selbstständige, die durch die Krise in eine kritische Lage rutschen. Viele meiner Freunde, junge Autorinnen, Journalisten und Kameraleute, haben diese Soforthilfe bekommen. Einige scherzten sogar, die Regierungsparteien hätten sich für die kommende Bundestagswahl ihre Stimme gekauft. Das war lustig, weil es stimmte. So einfach hätte es sein können. Nehmt uns wahr, nehmt uns ernst, zeigt uns das. Dann wählen wir euch.

Bloß behalten werden viele die Soforthilfe nicht dürfen. Man hat sich in den Ministerien von Bund und Ländern nämlich überlegt, sie sei nur für „Betriebsausgaben“ zu verwenden: Ladenmiete, Materialkosten, Leasingverträge für den Dienstwagen (haha). Wer allein mit einem Laptop arbeitet, hat so gut wie keine Betriebskosten und wird bestraft, weil er keinen Edelstahl mittels einer teuren Gewindeschneidmaschine verarbeitet, um daraus Schrauben zu fertigen. Aus welchem Jahrhundert stammt diese Definition von Arbeit eigentlich?

Ich habe zwar einen Job, in dem man sich „verwirklichen“ kann, wie man das nennt. Aber am Ende arbeite auch ich schließlich, um zu leben, zu essen und eine Wohnung zu haben, in der ein Bett steht, um darin zu schlafen.

Plötzlich fühlt sich die Soforthilfe nicht mehr wie ein warmer Schoß an, in den man weich fällt, sondern wie ein kalter Mittelfinger: Hier, so sieht das Geld aus, schaut es euch an, lasst es doch mal probeliegen auf eurem Konto. Und dann: Fuck you, das ist nur für richtige Arbeiter!

Was bekomme ich also, außer ein paar hundert Milliarden Euro Schulden, verlagert in die Zukunft, die irgendwann meine Gegenwart sein wird? Banken waren in der Finanzkrise too big to fail . Der volkswirtschaftliche Schaden, sie bankrott gehen zu lassen, wäre zu groß gewesen. Meine wirtschaftliche Existenz scheint das Gegenteil zu sein: too small to rescue .

Es fühlt sich an, als würde einem der Staat bloß aufmunternd auf die Schulter klopfen: Habt euch nicht so, ihr habt noch euer ganzes Leben vor euch. Ihr seid doch jung, ihr strotzt vor Kraft, habt weder Schulden noch Kinder. Ihr packt das schon!

Ich könnte mir das einreden lassen: Bei einem Kater braucht man meistens erst ab Anfang 30 dringend eine Kopfschmerztablette. Vorher geht‚s auch mit einem Konterbier. Zur Not ziehe ich wieder in eine WG oder zu den Eltern. Zur Not gehe ich nicht mehr in Restaurants, sondern koche wieder Low-Budget. Einen 45-Jährigen mit Hauskredit und drei Kindern trifft diese Krise sicher schlimmer. Ich weiß auch, dass etwa die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland oder Spanien viel höher ist als in Deutschland. Aber genau das ist das hässliche Wesen des Vergleichs: Man vergleicht sich so lang mit denen, die es schlechter haben, bis die eigene Lage so gut aussieht, als dürfe man sich gar nicht mehr beschweren.

Was in dieser Krise geschieht, kann niemand als das übliche Mosern der Jugend abschreiben: Die International Labour Organization der Vereinten Nationen schreibt schon von einer „Lockdown-Generation“. Vielleicht ist es übertrieben, schon nach drei Monaten eine neue Generation auszurufen, aber die Autoren sprechen einen wichtigen Punkt an: Die Jungen werden die Auswirkungen der Pandemie besonders hart zu spüren bekommen. Vor allem beschreiben die Autoren den gut beforschten Effekt der ökonomischen Vernarbung: Wessen Ausbildung unterbrochen ist, der wird später schlechtere Jobchancen haben. Wer jetzt keinen Job hat, wird es schwer haben, einen zu finden. Jetzt und in der Zukunft. Wer heute rausfliegt, nimmt vielleicht erst mal einen Job weit unter seiner Qualifikation an und muss noch mehr ackern, um sich wieder hochzuarbeiten. Warum sollte jemand einen 35-Jährigen einstellen oder gar befördern, der sich in den letzten Jahren irgendwie durchgewurschtelt hat, wenn er auch einen frischen, unverbrauchten 25-Jährigen nehmen kann?

Es sieht also nicht allzu gut aus für die Zukunft: Corona-Krise, Wirtschaftskrise, viel mehr neue Schulden – Geld, das heute nicht für junge Menschen ausgegeben wird, obwohl sie es eines Tages wieder erwirtschaften sollen. Und zwar klimaneutral – und mit Top-Lebenslauf, bitteschön, dauererreichbar am Wochenende und im Urlaub. Nur der Kapitalismus kann sich für arbeitende Menschen ein Wort wie Humankapital ausdenken.

Es sind trübe Zukunftsaussichten. Die schon in der Gegenwart krank machen können.

Burn-out, Dauerstress, die Überforderung mit diesem Leben hat viele Namen. Und Diagnosen: Laut dem Barmer Arztreport ist zwischen 2005 und 2016 allein die Zahl von Depressionserkrankten zwischen 18 und 25 um 76 Prozent gestiegen. Eine andere Studie zeigt, dass es Junge sind, die ihrem eigenen Leben in Sachen Belastung und seelischer Gesundheit die schlechtesten Noten geben. Das sind Zahlen, die vor der Corona-Krise erhoben wurden.

Dabei sind Krisenzeiten eigentlich gute Zeiten für Solidarität. Die, denen es gut geht, helfen denen, denen es schlecht geht. Man passt aufeinander auf. Meiner Generation allerdings scheint man das nicht zuzutrauen: Da war ja noch die Sache mit den „Corona-Partys“. Ein Gespenst, Mitte März in die Welt gesetzt von Lars Schaade, dem Vizechef des Robert Koch-Instituts. Er sagte, wenn Clubbesuche ausfallen, sei es wenig sinnvoll, Menschen zu sich nach Hause einzuladen, um „sogenannte Corona-Partys“ zu feiern, die es bereits geben soll. Es war eine Mutmaßung. Doch das Wort war in der Welt. Und damit die Vorstellung einer egoistischen, verantwortungslosen Jugend, die sich kollektiv und vorsätzlich trifft, womöglich, um sich absichtlich mit Corona anzustecken und anschließend Rentner in der Innenstadt anzuhusten.

Ganz ehrlich: Jeden einzelnen Tag seit dem Lockdown bin ich an der Isar spazieren gegangen und nie, nie, nie habe ich eine „Corona-Party“ gesehen. Im Gegenteil: Ich habe eher eine große Solidarität gegenüber der so genannten „Risikogruppe“, den Alten, gespürt. Einen freiwilligen Verzicht. Den Jungen war klar, das ist nicht die Prohibition, in der es rebellisch war, weiterzufeiern. Das ist eine Pandemie, in der es wahnsinnig dumm wäre, weiterzufeiern. Man traf sich noch, das schon, aber zu zweit, maximal zu dritt und mit schlechtem Gewissen. Der junge Mensch, das besonders näheliebende Wesen, lernte Abstand. Mehr noch: Die Jungen haben Eltern und Großeltern ermahnt, daheim zu bleiben, damit sie gesund bleiben und das Gesundheitssystem nicht kollabiert.

Vielleicht ist das nur mein Eindruck. Also frage ich nach, bei der Polizei in den 15 größten deutschen Städten: von Berlin über Dresden bis nach Duisburg, Dort höre ich auf Berlinerisch, Fränkisch, op Kölsch und Sächsisch: Klar kamen gelegentlich mal junge Menschen zusammen, kleine Gruppe, tranken Bier oder rauchten einen Joint. Draußen und drinnen. Aber sobald die Polizei welche erwischt hat, zeigten sich alle einsichtig. Es gebe keine offiziellen Zahlen. Was vorher eine Ruhestörung war, ist jetzt keine Corona-Ruhestörung. Das Bauchgefühl, das in den Polizeidienststellen herrscht, ist überall dasselbe: Massenhafte „Corona-Partys“ gab es schlichtweg nicht.

Aber der Schaden war angerichtet: Die Sichtweise, dass es ausgerechnet die Jungen seien, die arroganten Hedonisten, die sich unsolidarisch zeigen.

Mir kommt es vor, als gebe es seit einiger Zeit so eine Art absichtliche Verächtlichmachung der Jungen.

Ich denke an den FDP-Chef Christian Lindner, der daran erinnerte, dass Klimaschutz eine „Sache für Profis“ sei – und man von „Kindern und Jugendlichen“ nicht erwarten könne, dass sie das große Ganze verstehen.

In den vergangenen Tagen konnte man lesen, wie genüsslich vor allem konservative Medien und Politiker die Bilder der #blacklivesmatter-Demos sezierten, weil kein Mindestabstand eingehalten wurde. Da sehe man es doch wieder: unvernünftig, egoistisch. Auf die Idee, dass junge Menschen bewusst ein Gesundheitsrisiko eingehen, weil ihnen das Anliegen #blacklivesmatter so wichtig ist – darauf kam niemand.

Junge Menschen haben kein angestammtes Zuhause, um medial laut zu sein, jedenfalls nicht im klassischen Journalismus – vielleicht bei TikTok oder bei Youtube, vielleicht bei Rezo oder Mai Thi Nguyen-Kim aka MaiLab. Doch in diesen Medien hören sich die jungen Menschen vor allem untereinander zu. Die Älteren schalten doch eher den Fernseher ein – und wie sieht es da aus? Der Spiegel hat 70 klassische linear ausgestrahlte Polit-Talkshows wie Anne Will seit Beginn der Corona-Krise ausgezählt: 348 Gäste, nur 23 von ihnen unter 40 Jahre alt. Allein Finanzminister Olaf Scholz und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach waren zusammen 22-mal zu Gast. Ja, der Karl Lauterbach, der ebenfalls offenbar denkt, dass Intelligenz sich erst in höherem Alter herausbildet: „Wenn jetzt noch die Bundesliga startet“, schrieb er bei Twitter, „denken junge Leute: das [die Corona-Krise, Anm.] liegt hinter uns.“

Wohl auch, weil sie in den öffentlichen Debatten nicht vorkommen, ziehen sich viele junge Menschen in der Krise ins private Glück zurück. Sie backen Bananenbrot und setzen Sauerteig an. Neo-Neo-Biedermeier.

Das ist der eine Weg, um mit Krisen klarzukommen: aktiv entpolitisieren.

Der andere Weg wäre: sich wehren. Wütend werden.

Ich glaube, dazwischen gibt es keinen Weg. Es gibt niemanden, den ich kenne, der zurückwill zur „Normalität“ vor Corona.

Jakob Blasel, 20 Jahre alt, eines der prominentesten Gesichter von Fridays for Future, sagte im Spiegel : „Einige werden sich radikalisieren.“

Franziska Heinisch, ebenfalls 20, Sprecherin der Generationen Stiftung, deren Buch Ihr habt keinen Plan, also machen wir einen im vergangenen Jahr ein Bestseller wurde und die ich deshalb anrufe, sagt mir: „Die Politik hat unter Kontrolle, wie radikal es werden muss, bis sich etwas ändert.“

Würde das noch jemanden wundern? Da bringt eine Jugendbewegung im September 2019 deutschlandweit 1,5 Millionen Menschen auf die Straße, wird mit einem lauen Klimapaket abgespeist, ein halbes Jahr später bezichtigt, unsolidarisch zu sein, „Corona-Partys“ zu veranstalten – und anschließend von den Alten vor die Tür gesetzt, die ihre befristeten Arbeitsverträge nicht verlängern.

Selbst Ria Schröder, 28 Jahre alt und Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen (einer Jugendorganisation, die sicher nicht im Verdacht steht, Umsturzfantasien zu pflegen), sagt mir am Telefon: „Wie wenig die Bundesregierung für junge Menschen tut, ist erschreckend. Die Untätigkeit ist der Grund, warum wir so viele Nachteile erleiden werden. Dabei sind wir die Steuerzahler der Zukunft. Das macht mich wütend.“

Und jetzt? Die Wut nutzen, um aus ihr eine Vision für die Zukunft zu entwickeln? Visionen haben, wie fern das klingt. Da könnte ich ja gleich Astronaut werden wollen.

Versuchen wir es mal ganz niedrigschwellig: Redet mit uns, hört uns zu. Und verarscht uns nicht weiter. Wir sind eine kleine Wählergruppe und ihr, die Alten, seid es nicht gewöhnt, auf uns zu achten. Aber ich bin sicher, euch fällt mehr ein, als uns nur Schulden zu vererben. Es geht ja auch noch um ein anderes Erbe, um einen Geist, den ihr uns weiterreichen könntet, die alte und in der Theorie sehr schöne Idee eines Generationenvertrags. Ihr helft uns heute, damit wir euch morgen helfen.

Konkret: Akzeptiert nicht nur den braven Arbeitnehmer als normal, der vierzig Jahre in einer Firma bleibt, am Ende einen goldenen Kugelschreiber für seine Treue bekommt und den Rest seines Lebens auf der Terrasse seines Einfamilienhauses verbringt.

Verbietet Kettenbefristungen. Eine Befristung, behaupten Arbeitgeber ja gern, sei eine Brücke. Bloß was nützen sieben Brücken hintereinander, wenn am Ende ein Abgrund ist? Früher hatte man mal kleine Lücken zwischen großen Jobs im Lebenslauf. Wenn es so weitergeht, haben junge Menschen bald nur kleine Jobs zwischen den großen Lücken.

Vielleicht wäre es an der Zeit, über ein bedingungsloses Grundeinkommen zu reden, über eine Viertagewoche. Darüber, wie man Selbstwert aus etwas anderem schöpft als Arbeit und Geld. Die Finanzkrise vor zehn Jahren zeigte es, die Krise jetzt zeigt es: Der globalisierte Höher-Schneller-Weiter-Kapitalismus führt nur zu mehr Wohlstand für wenige und viel Frust für viele.

Lasst uns mitentscheiden. Mit Sicherheit ist es an der Zeit, über das Wahlrecht zu reden. Grünen-Chef Robert Habeck möchte es schon zur nächsten Bundestagswahl auf 16 senken. Vielleicht muss man das Wahlalter nicht nach unten senken, sondern noch oben begrenzen. Der Satiriker Nico Semsrott, der jetzt als Politiker für Die Partei in Brüssel sitzt, hat genau das mit dem Konzept des Letztwählers vorgeschlagen. Wer die ersten 18 Jahre seines Lebens nicht wählen darf, sollte auch die letzten 18 nicht wählen dürfen. Das wäre demokratietheoretisch natürlich Wahnsinn.

Aber nicht unbedingt wahnsinniger, als absichtlich eine ganze Generation alleinzulassen.

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